Haushaltsrede 2022 Dr.Thomas Scholz

Veröffentlicht am 08.03.2022 in Aktuelles

Sitzung des Gemeinderats 22.02.2022,

Gemeinde Hirschberg a.d.B., zum Haushaltsplan 2022,

Rede für die Fraktion der SPD, Dr. Thomas Scholz

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates, werte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung, sehr geehrte Vertreter der Presse und interessierte Bürger!

„Panta rhei“, „Alles fließt“, wusste schon Heraklit. Die Welt ist im Wandel – und wir haben diesen Wandel nicht immer in der Hand. Wer hätte vor zwei Jahren gedacht, dass dieses Virus uns heute noch immer im sprichwörtlichen Würgegriff hat?

Schon seit fast 2 Jahren wirkt sich Covid-19 massiv aus auf Wirtschaft, Verkehr, Bildung und Kultur, aber auch die kommunalen Haushalte und nicht zuletzt auf die Gesellschaft, die Familien und jeden einzelnen Menschen.

Doch damit nicht genug: Es droht ein Krieg an den Grenzen Europas mit nicht absehbaren Folgen auch für unser Land und unsere Wirtschaft.

Das sind Rahmenbedingungen, die es auch uns in Hirschberg nicht einfach machen, einen vernünftigen Haushaltsplan aufzustellen, insbesondere da die Einnahmeseite hohen Schwankungen unterliegen kann.

Trotzdem gilt es, das mit bestem Wissen und Gewissen zu tun. Die Frage ist letztendlich nur, in welche Richtungen man Investitionen lenkt. „Politik muss nicht Spaß machen, sie muss aber Sinn machen!“ sagte Winfried Kretschmann in seiner Rede am Samstag beim Trauergottesdienst für den auch von mir sehr geschätzten Uli Sckerl. Und so geht es auch in einem Haushalt letztlich darum, was Sinn macht. Die folgenden drei Bereiche möchte ich dabei besonders hervorheben:

  • Pflichtaufgaben, inklusive Abbau des Sanierungsstaus
  • Die sozialen und gemeinwohlorientierten Aufgaben der Gemeinde
  • Und die strategischen Zukunftsthemen wie Klimaschutz und Digitalisierung

Zunächst zum ersten Punkt, den Pflichtaufgaben und dem Abbau des Sanierungsstaus:
Mit dem laufenden Bau des evangelischen Kindergartens, der geplanten Sanierung des katholischen Kindergartens, der geplanten Sanierung der Kanalisation und der beiden Hallen sowie der geplanten dritten Trainingshalle und der Sanierung des Gebäudes am Sportzentrum ist die Gemeinde bereits im aktuellen Haushaltsjahr und der mittelfristigen Finanzplanung auf einem guten Weg. Man kann argumentieren, dass Weiteres aus Kapazitäts- und Kostengründen zunächst nicht angegangen werden kann. Aber wenn es niemanden kümmert, dass sich Aufwand und Kosten für einen speziellen Parkplatz verdreifachen und wenn urplötzlich Beachfelder und Pumptracks im Haushalt auftauchen, wenn dann ganz beiläufig auf die Schnelle auch noch eine Traglufthalle gefordert wird, dann muss es auch möglich sein, dass wir, die SPD und die GLH zum wiederholten Male die dringende Sanierungsbedürftigkeit eines denkmalgeschützten, historischen und ortsbildprägenden Gebäudes wie der Alten Villa zur Sprache bringen.

Der Zustand dieses Gebäudes verschlechtert sich von Jahr zu Jahr. Dadurch steigen die anfallenden Kosten für Unterhalt und Sanierung stetig. Immer wieder verhindert jedoch die Mehrheit von Freien Wählern, CDU und FDP, dass diese dringend notwendige Sanierungsmaßnahme angegangen wird. Ebenfalls, zum Teil schon seit Jahren, von der SPD gefordert: Die mittelfristige Sanierung der Parkplätze vor der Schillerschule, am Sportzentrum und an der Jahnstraße: Sie werden rege genutzt und sind in äußerst schlechtem Zustand. Natürlich kann man auch über die Priorisierung dieser Themen diskutieren. Aber es kann nicht sein, dass bestehende Missstände über Jahre nicht angegangen werden, nur weil sie von der SPD oder der GLH angesprochen werden.

Ich komme zum Bereich der gemeinwohlorientierten Aufgaben der Gemeinde:
Am vergangenen Sonntag war der internationale Tag der Gerechtigkeit der Vereinten Nationen. Weitgehende Maßnahmen wurden gefordert. Wie sieht es diesbezüglich in unserer Gemeinde aus? Hirschberg nimmt beim pro Kopf Wert des Gemeindeanteils der Einkommenssteuer einen Spitzenplatz im Kreis ein. Trotzdem, das hat der von uns initiierte Sozialbericht 2019 deutlich gezeigt, gibt es auch in unserer Gemeinde Armut. Die Folgen dieser Armut zu mildern ist in einem Sozialstaat eine der wichtigsten und vornehmsten Aufgaben des Gemeinwesens. Wir haben als SPD, zum Teil mit der GLH, in der Vergangenheit verschiedenste Anläufe gemacht, dieses Anliegen in Hirschberg weiter voranzubringen. Ich erinnere an den Antrag zur sozialen Staffelung der Kindergartenbeiträge. Aber auch der diesjährige – nicht zum ersten Mal gestellte - Antrag hinsichtlich des Beitritts der Gemeinde zum Kulturparkett Rhein-Neckar scheiterte erneut an den Mehrheitsverhältnissen in diesem Gremium. Es hätte insbesondere Menschen, die aufgrund ihrer finanziellen Situation keinen oder einen erschwerten Zugang zum kulturellen Leben haben, Teilhabe und Zugang zu kulturellen Veranstaltungen erleichtert beziehungsweise überhaupt erst ermöglicht. Wie kann man so einen Antrag ablehnen? Wie kann man sich wundern, wenn wir dann von sozialer Kälte sprechen? Die Zukunftswerkstatt „Wir in Hirschberg“ ist eine gute Sache und wir erhoffen uns wichtige soziale Impulse von ihr. Aber sie darf nicht als Ausrede dienen, sinnvolle soziale Maßnahmen in die Zukunft zu schieben. Um hier ein Zeichen zu setzen, wird die SPD Fraktion gemeinsam mit der Fraktion der GLH die 1.500€ zum Beitritt für dieses Jahr zur Verfügung stellen. Die Ehrenamtlichen stehen ebenfalls bereit. Wir kommen in den nächsten Tagen dazu auf die Verwaltung zu.

Zum Thema Gerechtigkeit gehört aber heute auch Generationengerechtigkeit. Hierunter fallen Umwelt- und Klimaschutz und das Thema Finanzen. Denn was haben unsere Kinder davon, wenn wir ihnen einen riesigen Schuldenberg hinterlassen? Die Schulden der Gemeinde werden sich gemäß Plan von 2005 bis Ende 2022 mehr als verhundertfacht haben. Inklusive Eigenbetrieb Wasserversorgung steigt die Verschuldung auf rund 1000€ pro Kopf. Die SPD hat daher einen Antrag „Nachhaltige Maßnahmen- und Finanzplanung“ eingebracht. Angesichts einer stetig steigenden Schuldenlast der Gemeinde und eines anhaltenden Sanierungsstaus wurden Instrumente vorgeschlagen, um die Auswirkungen von Ausgaben transparent darzustellen und das Thema Schulden generationengerecht und nachhaltig anzugehen. Die bestehende Begrenzung der Tilgungszeit von Krediten auf 20 Jahre genügt einem Anspruch an umfassender Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit sicher nicht. Leider traf aber auch dieser Punkt bei der Gemeinderatsmehrheit auf taube Ohren.

Zum dritten Kernbereich, den strategischen Zukunftsthemen Klimaschutz und Digitalisierung:
Auch hier hat die SPD gemeinsam mit der GLH Anträge mit konkreten Maßnahmen eingereicht, um Hirschberg auf diesen wichtigen Zukunftsfeldern voranzubringen. Ich zitiere den Bürgermeister vom 15. Dezember zur Einbringung des Haushalts bzgl. Klimaschutz: „Wir möchten und müssen beim Umwelt- und Klimaschutz bereits begonnene Maßnahmen fortsetzen, ausbauen und vollenden, aber auch insgesamt mehr Fahrt aufnehmen.“ Ja! Klimaschutzmaßnahmen sind heute zwingende Notwendigkeit und Aufgabe der Gemeinden. Je länger wir warten, desto schwieriger wird es, die Klimaziele, die auf allen Ebenen, von EU über Bund, Land und Kreis, formuliert werden, zu erreichen. Baden-Württemberg hat sich Treibhausgasreduktion um 65% bis 2030 zum Ziel gesetzt. Hirschberg stagniert bei den wesentlichen Kennzahlen seit vielen Jahren. Allein die geplante LED-Umrüstung der Straßenbeleuchtung wird nicht genügen. Und es wird ebenfalls nicht genügen, nur die Liegenschaften der Gemeinde anzugehen, die man im Rahmen geplanter Maßnahmen eh anpackt. Unser Antrag, der konkrete und sinnvolle Maßnahmen für 2022 vorsah, wurde durch die Gemeinderatsmehrheit von FWV, CDU und FDP erneut pauschal abgelehnt. Hirschberg gerät damit bei zentralen Zukunftsthemen leider immer mehr in Verzug!

Noch kurz zu drei wichtigen Zukunftsprojekten der nächsten Jahre:
Zunächst zur Erweiterung des bestehenden Gewerbegebiets: Wir erwarten hier nichts weniger als das im Rahmen des Bürgerentscheids versprochene ökologische Vorzeigeprojekt. Dafür werden wir uns auch weiter einsetzen.

Zum Neubaugebiet: Wir setzen uns für einen signifikanten sozialen Anteil von deutlich über den von den Freien Wählern genannten 20% bei neu zu schaffendem Wohnraum ein. Vor allen weiteren Maßnahmen erfordert es ein Konzept, das sozialen Anspruch, demographische Komponenten, Klimaschutz und Bürgerbeteiligung beinhaltet.

Zuletzt zur Ortsrandstraße: Hier gibt es gute Gründe dafür, aber sicher auch Verständnis für die Skepsis einiger Bürger im Hinblick auf die Kosten und die sich vollziehende Verkehrswende. Es ist richtig, diese jahrzehntelange Diskussion zu einem guten Ende zu führen und die Bürger entscheiden zu lassen.

Bevor ich zum Abschluss komme noch ein sehr kurzer Blick auf die Zahlen.
Der Ergebnishaushalt weist im Gegensatz zum Vorjahr ein positives ordentliches Ergebnis aus - insbesondere aufgrund eines zuletzt deutlich gestiegenen Plansatzes für Gewerbesteuern mit nun insgesamt 4,4 Mio €. Man darf in diesem Zusammenhang aber nicht verschweigen, dass dies immer noch – zum Teil sogar deutlich – weniger ist, als wir in den Jahren 2014 bis 2018 an Gewerbesteuereinnahmen hatten. Die Gewerbesteuer ist und bleibt damit extrem volatil und unberechenbar.

Die Investitionen im Eigenbetrieb Wasserversorgung von rund 600.000 Euro sind gut angelegtes Geld für unsere Bürger. Der Wasserpreis bleibt bei 1,80 Euro/ m³.

Ich komme zum Anfang zurück: „Panta rhei“, Alles ist im Wandel! Und wir haben bei Weitem nicht alles in der Hand. Aber wir können in unserer Gemeinde durch unsere Entscheidungen eine Politik voranbringen, die Sinn stiftet. Um es mit Marie von Ebner-Eschenbach zu sagen: „Was wir heute tun, entscheidet darüber, wie die Welt morgen aussieht.“ Dafür müssen wir Verantwortung übernehmen, Ziele definieren, Strategien entwickeln, wie wir diese Ziele erreichen, und auch entsprechend handeln!

Dies gelingt aus Sicht der SPD mit dem gegenwärtigen Haushalt nur zum Teil. Dabei geht es nicht darum, der sprichwörtliche D-Zug zu sein, aber - um im plakativen Bild zu bleiben – wir sollten uns bei der Geschwindigkeit auch nicht gerade an der Kontinentaldrift orientieren. Leider hat man aber manchmal diesen Eindruck und Hirschberg bleibt deshalb in wichtigen Bereichen hinter seinen Möglichkeiten zurück.

So sind wir als SPD mit vielen Entscheidungen der Mehrheit des Gemeinderats im Rahmen der Haushaltsberatungen ausdrücklich nicht einverstanden, stimmen aber, und das muss man deutlich sagen, quasi zähneknirschend und mit den geäußerten deutlichen Bedenken, dem Gesamthaushalt und damit dem Beschlussvorschlag der Verwaltung zur Haushaltssatzung mit Haushaltsplan 2022, der mittelfristigen Finanzplanung mit Investitionsprogramm 2021 - 2025 sowie dem Wirtschaftsplan des Eigenbetriebs Wasserversorgung 2022 nach langer Überlegung nochmal zu.

Im Namen der SPD-Fraktion bedanke ich mich bei unserem Bürgermeister Herrn Gänshirt, unserer Kämmerin Frau Keil, allen Amtsleitern und der gesamten Verwaltung inklusive Bauhof und Forst für die im vergangenen Jahr geleistete Arbeit unter schwierigen Umständen. Insbesondere bei Frau Richter, Frau Keil und Herrn Pflästerer möchte ich mich für ihre Geduld bei der Beantwortung vieler Fragen bedanken.

 

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